Neues Namensrecht

Bereits im Zunftbrief Nr. 38 vom April 2008 habe ich über einen Vorschlag für neue gesetzliche Bestimmungen über Namens- und Bürgerrecht berichtet. Die damalige Vorlage wurde 2009 im Nationalrat behandelt, aber an die vorberatende Kommission zurückgewiesen.

Am 30. September 2011 hat die Bundesversammlung nun der entsprechenden Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches zugestimmt (Bundesblatt 2011 7403, Referendumsvorlage). Auch wenn in der Schlussabstimmung im Nationalrat viele Gegenstimmen zu verzeichnen waren, wurde innerhalb der Frist kein Referendum ergriffen. Die Vorlage wird somit vermutlich 2013 in Kraft treten.

Ziel der Gesetzesänderung ist die Gleichstellung von Mann und Frau beim Namens- und beim Bürgerrecht. Grundsätzlich wirkt sich die Heirat in Zukunft nicht mehr auf den Namen und das Bürgerrecht aus. Die Burgerin Frau von Holzigen behält ihren angestammten Namen und das Burgerrecht, auch wenn sie Herrn Hirsegger aus Heimiswil heiratet.

Behalten die Ehegatten ihren angestammten Namen, müssen sie sich grundsätzlich im Zeitpunkt der Trauung entscheiden, welchen Familiennamen die Kinder tragen sollen (sie können indessen innerhalb eines Jahres seit der Geburt des ersten Kindes auf diesen Entscheid zurückkommen). Dieser Name gilt dann für alle gemeinsamen Kinder. Mit dem Namen geht auch das Bürger- bzw. Burgerrecht auf die Kinder über. Entscheiden Frau von Holzigen und Herr Hirsegger, dass die Kinder «von Holzigen» heissen, sind diese – wie ihre Mutter – auch Bernburger. Die Familie bildet so gesehen in Zukunft in namens- und bürgerrechtlicher Hinsicht keine Einheit mehr.

Indessen können die Brautleute einen der beiden Familiennamen als gemeinsamen Familiennamen bestimmen. Sie können sich für «Hirsegger» entscheiden (was dem bisherigen Recht entspricht) oder sie können neu den Namen der Frau («von Holzigen») als Familiennamen wählen. Führen beide Ehegatten den gleichen Namen, heissen auch die Kinder so.

Frauen, die ihren angestammten Namen gemäss dem geltenden Recht dem Namen des Mannes vorangestellt haben («von Holzigen Hirsegger»), können neu jederzeit beim Zivilstandsamt erklären, dass sie wieder ihren Ledignamen führen wollen. Dieser Doppelname, der sich nicht bewährt hat, wird somit glücklicherweise abgeschafft.

Hingegen kann im täglichen Leben auch in Zukunft der rechtlich nicht geregelte Allianzname («Hirsegger – von Holzigen») geführt werden.

Die neue Regelung ist den Genealogen ein Dorn im Auge, denn die Weitergabe von Namen und Bürgerrecht erfolgt grundsätzlich nicht mehr ausschliesslich durch die männliche Linie, sondern neu ist die Weitergabe auch durch die weibliche Linie möglich. Während es bisher gang und gäbe war, dass vier verheiratete Schwestern vier unterschiedliche Namen tragen, muss man sich in Zukunft daran gewöhnen, dass auch vier verheiratete Brüder den Namen der Frau als Familiennamen annehmen können. Aus der Sicht der Gleichstellung von Mann und Frau ist das auch gut so.

Im Übrigen haben in der Geschichte bisweilen auch Frauen – trotz dem patriarchalischen Namensrecht – den Familiennamen weitergegeben, so die österreichische Kaiserin Maria Theresia von Habsburg. Das monegassische Fürstenhaus Grimaldi würde heute ebenfalls nicht so heissen, wenn nicht zweimal seit dem 18. Jahrhundert der Familienname von der Frau auf den Ehemann bzw. den Sohn übergegangen wäre.

Hans Georg Nussbaum, Obmann