Das Zunftwesen in der deutschen Schweiz heute

Einleitung

Zünfte entstanden im Mittelalter vor allem als Berufsorganisationen; teilweise haben sie ihre Wurzeln in religiösen Bruderschaften. Die Zünfte waren weit verbreitet.
Es gab solche nicht nur in den Städten im deutschsprachigen Raum (Schweiz, Deutschland, österreich), sondern es entstanden auch Zünfte beispielsweise in London oder Paris.

Es dürfte bekannt sein, dass unsere Gesellschaft regelmässig und freundschaftliche Kontakte pflegt mit E.E. Zunft zu Spinnwettern in Basel und mit der Zunft zur Zimmerleuten in Zürich. So hängt beispielsweise eine Wappenscheibe der Zunft zur Zimmerleuten an einem Fenster im Foyer unserer Zunftstube. Doch wo gibt es heute sonst noch Zünfte in der Schweiz? Wann wurden sie gegründet, und welche geschichtliche Entwicklung haben sie erlebt? Welche Organisationsform weisen sie auf? Wie viele Mitglieder haben sie? Welche Aufgaben nehmen sie wahr? Welche Ziele verfolgen sie? Welche Traditionen und Bräuche pflegen sie?

Im Folgenden versuche ich, Antworten auf diese Fragen zu geben und ein Bild über das aktuelle Zunftwesen anhand der Zünfte der Zimmerleute, Schreiner, Zimmerer, Tischler, Küfer, Dachnagler, Wagner usw. zu vermitteln.
Meine Recherchen habe ich zu Beginn auf die mittelalterlichen Städte und Städtchen und heutigen Kantonskapitalen Aarau, Basel, Chur, Freiburg, Liestal, Luzern, St. Gallen, Schaffhausen, Solothurn, Zug und Zürich beschränkt. Im Laufe meiner Arbeit habe ich sie auf die Situation in Schwyz ausgedehnt. Um es vorwegzunehmen: Gemäss meinen Informationen bestehen in Freiburg, St. Gallen und Solothurn keine Zünfte (mehr).

Aarau

In Aarau bestehen zwei Zünfte, die erst im 20. Jahrhundert gegründet worden sind, nämlich die Heinerich-Wirri-Zunft, gegründet 1922, und die Zunft am Stadtbach, gegründet 1981. Auch wenn es in unserer modernen Zeit möglich ist, erfolgreich an jahrhundertalte Zunfttraditionen anzuknüpfen und diese weiterzuführen, kann aus Platzgründen leider nicht näher auf diese beiden Zünfte eingegangen werden.

Basel

In Basel bestehen folgende Zünfte: Zunft zum Schlüssel (Kaufleute), zu Hausgenossen (Goldschmiede), zu Weinleuten, zu Safran (Krämer), zu Rebleuten, zu Brotbecken, zu Schmieden, zu Schuhmachern und zu Gerbern, zu Schneidern und zu Kürschnern, zu Gärtnern, zu Metzgern, zu Spinnwettern (Zimmerleute), zum goldenen Stern und zum Himmel (Scherer und Maler), zu Webern, zu Fischern und zu Schiffleuten sowie die akademische Zunft.

Die Basler Zünfte haben einen öffentlichrechtlichen Status, denn sie unterliegen der Aufsicht der Bürgergemeinde Basel, die mit der Zunftordnung von 1990 eine rechtliche Grundlage für sämtliche Zünfte geschaffen hat. Diese sind jedoch – im Gegensatz zu den Berner Zünften – keine öffentlichrechtlichen Körperschaften. Gemäss der Zunftordnung fördern die Zünfte als Zeugen des wirtschaftlich-politischen Werdens der Stadt Basel in ihren überkommenen Formen einen aktiven Bürgersinn und ein Bewusstsein der Verantwortlichkeit für Basel. Um in eine Zunft aufgenommen zu werden, muss der Bewerber Bürger von Basel und volljährig und wohlbeleumdet sein. Die Zünfte können beschliessen, dass auch Frauen aufgenommen werden. Eine Zunft soll vornehmlich diejenigen Bewerber aufnehmen, die ihr nach Beruf oder Gewerbe am nächsten stehen; sie können auch Nachkommen von Zunftbrüdern aufnehmen. Die Zunftversammlung ist das höchste Organ einer Zunft. Sie wählt einen Vorstand von sieben bis zehn Vorgesetzen. Die Zünfte nehmen als eine ihrer gesetzlichen Aufgaben die Verwaltung ihrer Vermögen wahr; diesbezüglich unterstehen sie der Aufsicht des Bürgerrates. Daneben haben sich die Zünfte der Wahrung der Tradition, der Hege geistiger und demokratischer Werte sowie der Pflege der Geselligkeit verschrieben. Die Zünfte treten nach aussen relativ wenig in Erscheinung.

Der Bischof von Basel erteilte 1248 den Zimmerleuten und Maurern das Recht zur Gründung einer Zunft. Die Zunft zu Spinnwettern ist die Zunft der Zimmerleute und weiterer Bauleute. Die Zunft besitzt seit 1361 ein eigenes Zunfthaus, das «Spichwarters Hus» (Haus des Aufsehers über einen Speicher). Der Name des Hauses ging im Laufe der Zeit auf die Zunft über (aus «Spichwarter» wurde «Spinnwettern»). Das Wappen der Zunft ist in Rot ein aufrechter goldener Zirkel, beseitet von einer silbernen Breitaxt und einem silbernen Maurerhammer mit goldenen Griffen.

Die Zunft zu Spinnwettern verfügt über ein Leitbild. Danach wollen sich die Zunftbrüder u.a. aktiv für Basel und die Region engagieren und sich für eine attraktive und wirtschaftlich prosperierende Stadt einsetzen. Sie bekennen sich zu einem wirtschaftlich gesunden, ehrenwerten Berufsstand. Sie wollen jugendliche Berufsleute der zünftigen Berufe fördern.

Der Vorstand besteht namentlich aus dem Meister als dem Vorsitzenden, dem Statthalter als dessen Stellvertreter, dem Seckelmeister, dem Zunftschreiber, dem Bannerherr, dem Irtenmeister (vergleichbar mit unserem Stubenmeister) sowie vier Vorgesetzten.

Die Zunftbrüder treffen sich jährlich im Frühling abwechslungsweise zum traditionellen Zunftessen oder zu einem Ausflug. Neue Zunftbrüder werden während eines Zunftessens aufgenommen. Sie müssen sich vorstellen, und es ist auch Brauch, den Willkommensbecher vollständig zu leeren. Obwohl noch im 17. Jahrhundert Frauen als Zunftschwestern Mitglieder der Zunft waren, nimmt die Zunft zu Spinnwettern heute nur Männer auf. Im Gegensatz zu anderen Basler Zünften nimmt die Zunft keine Nachkommen von Zunftbrüdern auf, wenn sie einen zunftfremden Beruf ausüben. Die Zunft zu Spinnwettern hält sich somit bei ihrer Aufnahmepraxis noch streng an die traditionelle Berufsverbundenheit. Sie zählt heute rund 320 Mitglieder.

Die Verbundenheit der Zunftbrüder bestand nicht nur in der Geselligkeit, sondern auch bei Notlagen. Die Zunft führte bis 1872 das Vormundschaftswesen für die Witwen und Waisen verstorbener Zunftbrüder. Heute unterstützt die Zunft zu Spinnwettern durch jährliche Vergabungen wohltätige und gemeinnützige Institutionen; zudem verfügt sie über verschiedene Fonds.

Chur

In Chur gibt es gemäss meinen Informationen noch eine Zunft zu Rebleuten und eine Zunft zu Schmieden, jedoch keine Zunft zu Zimmerleuten, weshalb hier auch nicht näher darauf eingegangen wird.

Liestal

Liestal kennt – wie Aarau – keine historischen Zünfte. 1989 – anlässlich des Jubiläums zum 800-jährigen Bestehen der Stadt – wurde die Zunft zum Stab gegründet. Es gibt in den Kantonen Basel-Landschaft und Solothurn noch weitere Zünfte, die erst in jüngerer und jüngster Zeit gegründet worden sind. Die Zunft zum Stab ist keine Handwerkszunft und erst recht keine der Zimmerleute, sondern eine gemischte Zunft, in der alle Berufe vertreten sind.

Die Zunft bezweckt gemäss ihren Satzungen die Förderung des Guten und Gemeinnützigen, des Brauchtums, der Unterstützung von kulturellen Institutionen und der Geselligkeit unter den Mitgliedern. Wie andere Zünfte versteht sich die Zunft zum Stab auch als Lebensgemeinschaft; so wird ein verstorbener Zunftherr auf seinem letzten Gang von seinen Mitbrüdern begleitet.

Der Zunftrat besteht aus dem Zunftmeister, dem Statthalter, dem Zunftschreiber, dem Säckelmeister, dem Zeremonienmeister, dem Bannerherr und Stubenmeister sowie dem Siebner (beratendes Mitglied und Betreuer der Zunftchronik).

Wer in die Zunft aufgenommen werden will, muss Schweizer Bürger sein und in Liestal wohnen; das Gemeindebürgerrecht spielt indessen keine Rolle. Zudem muss eine gewisse Verbundenheit zu Liestal vorhanden sein. Wer Liestal indessen verlässt, muss aus der Zunft ausscheiden. Die Zunft umfasst rund 50 Zünfter.

Die Zunft führt im Frühling die Jahresversammlung und im Herbst das Zunftessen durch. Dafür steht ihr im Restaurant Stadtmühle eine schöne, rustikale Zunftstube zur Verfügung. Die Zünfter treffen sich monatlich am Stammtisch. Daneben finden auch Anlässe mit Damen statt. Im Sinne ihres öffentlichen Engagements organisiert die Zunft zum Stab jährlich einen Anlass für die neu nach Liestal zugezogenen Personen. Zudem unterstützt sie das im Jahre 2001 eröffnete Dichter- und Stadtmuseum. Ein besonderes Anliegen ist ihr auch das Gedeihen des Tierparks Weihermätteli, einer beliebten Anlage, wo sich Menschen täglich begegnen.

Luzern

In Luzern besteht mit der ums Jahr 1400 gegründeten Zunft zu Safran noch eine einzige historische Zunft.
Diese wandelte sich bereits im 16. und 17. Jahrhundert von einer reinen Krämerzunft zu einer umfassenden Handwerkerzunft, indem sich ihr Angehörige von über 20 Berufszweigen, so auch die Zimmerleute und Schreiner, anschlossen, um ihre Rechte und Interessen gegenüber dem Patriziat wirkungsvoll zu vertreten. Die mit dem Gewürzmonopol reich gewordene Zunft zu Safran schien die beste Gewähr für das Erreichen dieses Ziels zu bieten. Im Zunftwappen sind denn auch mit der Breitaxt, dem Beilhammer und dem Winkelmass die Embleme der wichtigsten Handwerke, so auch dasjenige der Zimmerleute, vereint. Die Zunft heisst im übrigen nach einem bereis 1500 v. Chr. im Orient verwendeten Gewürz, welches aus den Narben gewonnen wird, die aus den Blütenblättern (Perigon) eines Zwiebelgewächses aus der Familie der Schwertlilien herausragen.

Die Zunft umfasst heute rund 450 Zünftler. Als Zünftler kann nur aufgenommen werden, wer namentlich das Bürgerrecht der Stadt Luzern besitzt, seit mindestens zehn Jahren in Luzern oder seiner Umgebung wohnt und darlegen kann, dass er mit Luzern verbunden ist. Das Aufnahmegesuch, das von einer Aufnahmekommission geprüft wird, bedarf einer Zweidrittelmehrheit am Jahresbott.

Der Zunftrat besteht aus dem Zunftmeister, der auch die fasnächtliche Funktion des Fritschivaters ausübt, seinen zwei unmittelbaren Vorgängern, dem Zunftschreiber und Zeremonienmeister, dem Säckelmeister, dem Zunftarchivar, dem Zeugherrn und dem Rodelführer (Betreuer der personellen Angelegenheiten). Die Zunft hat im historischen Nölliturm ihr Zunftlokal.

Zu Beginn des Jahres findet das Jahresbott mit den statutarischen Geschäften statt, namentlich mit der Wahl des Zunftmeisters und mit Aufnahmen neuer Zünftler. Ein traditioneller Anlass mit genauem Zeremoniell ist das so genannte «Bärteliessen», an dem die berühmte Chügelipastete, eine der wenigen historischen Spezialitäten Luzerns, serviert wird. Die Zünftler nehmen jeweils auch an der Sempacher Gedenkfeier teil.

Ein hoher Stellenwert im Zunftleben hat ebenfalls die Fritschifasnacht. Die Zünftler ehren seit dem 15. Jahrhundert den Bruder Fritschi (Friedrich oder Fridolin) als Patron der Luzerner Gemütlichkeit. Am Fridolinstag wurde früher des Siegs der Luzerner und Innerschwyzer über die österreicher in der Schlacht bei Bad Ragaz von 1446 im Alten Zürichkrieg gedacht. Dieser Erinnerungstag war ein Freudenfest und wurde im Laufe der Zeit mit der Fasnacht zusammengelegt. Als Fritschivater ist der Zunftmeister Repräsentant alter Bräuche und gilt während der Fasnachtszeit für die Stadtluzerner als höchster Luzerner.

Die Zunft zu Safran war und ist mit der Bruderschaft zum Heiligen Kreuz verbunden. Eine Bruderschaft ist eine Vereinigung von Laien, die sich zu einem christlichen Leben und zu freiwilligen Werken der Frömmigkeit, Bus- se und Nächstenliebe verpflichten. Noch heute wird an der eindrücklichen Jahrzeitfeier der Bruderschaft anlässlich eines ökumenischen Gottesdienstes der verstorbenen Zünftler gedacht.

Schaffhausen

In Schaffhausen bestehen die beiden Gesellschaften zun Herren und zun Kaufleuten sowie die zehn Zünfte zun Fischern, zun Gerbern, zun Schuhmachern, zun Schneidern, zun Schmieden, zun Becken, zun Rebleuten, zum Rüden, zun Metzgern und zun Webern.
1411 wurde den Schaffhausern vom deutschen Kaiser das Recht zugestanden, Zünfte zu bilden. Die Zünfte bestimmten die wirtschaftliche und politische Entwicklung der Stadt in den folgenden Jahrhunderten. Die Zünfte waren mehr als nur eine Handwerksorganisation; sie waren eine Lebensgemeinschaft.

Es fällt auf, dass keine eigentliche Zimmerleuten-Zunft besteht. Die Zimmerleute und die Wagner sowie rund 20 weitere Handwerkergruppierungen waren Mitglieder der Zunft zun Schmieden. Die Dreher und Drechsler gehörten hingegen zur Zunft zum Rüden (Krämer), welche ihren Namen nicht von einem Handwerk ableitet, sondern von ihrem Versammlungslokal zum «Schwarzen Rüden» aus dem Jahre 1423. Jede Gesellschaft und Zunft verfügte früher über eigene Häuser, die alle noch bestehen; leider ist keine der Zünfte mehr Eigentümerin ihres ehemaligen Zunfthauses.

Heute sind die Schaffhauser Gesellschaften und Zünfte Vereine. Die Zünfter besitzen zum ursprünglichen Handwerk kaum noch einen direkten Bezug. Die Pflege der Geselligkeit und der Tradition sowie die Liebe zu Schaffhausen zeichnen die Zünfte aus. Die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft oder Zunft ist besonders für auswärts wohnende Vertreter alter Schaffhauser Familien nach wie vor ein wichtiges Band zu ihrer Heimatstadt.

Die Zünfte nehmen normalerweise nur Nachkommen bisheriger Zünfter auf, die Zunft zun Schmieden seit einer Statutenrevision im Jahre 1984 auch Schwiegersöhne.
Selten werden auch Handwerker aufgenommen, die das der Zunft entsprechende Handwerk ausüben. Als Zünfter aufgenommen werden können nur Schweizer Bürger.

Die Zünfter versammeln sich jährlich zu einem Bott (Jahresversammlung). Regelmässig führen die Zünfte Ausflüge durch. Sämtliche Gesellschaften und Zünfte führen alle fünf Jahre einen gemeinsamen Zunftabend oder Zunftball durch und treten an historischen Jubiläumsanlässen auf.

Die Witwen- und Waisenvorsorge, die früher die Zünfte wahrnahmen, wirkt sich noch heute aus, indem beispielsweise die Zunft zum Rüden einen jährlichen Altenbeitrag von 200 Franken an die AHV-Berechtigten ausbezahlt.

Schwyz

Zunfttafel (Vorder- und Rückseite)
© Staatsarchiv Schwyz

Es gab nicht nur in den Städten Zünfte, sondern solche wurden auch auf dem Land gegründet. So wurden beispielsweise in Schwyz 1751 – verglichen mit den Gründungsjahren anderer Zünfte recht spät – die Schreinerzunft und die Hammerzunft gegründet. Während sich in der Schreinerzunft auf Grund von Meinungsverschiedenheiten mit den anderen Berufszweigen lediglich die Schreiner zusammenschlossen, gehörten der Hammerzunft bei ihrer Gründung Glaser, Schlosser, Hufschmiede, Nagler, Maurer, Zimmerleute, Büchsenschmiede, Sattler, Drechsler, Weissgerber, Hafner, Seiler, Uhrmacher, Rotgerber, Kupferschmiede, Hutmacher und Buchbinder an. 1842 schlossen sich die beiden Zünfte zusammen. Daneben gab und gibt es in Schwyz noch die Schneider- und Schuhmacherzunft.

Die Zunft hat nicht nur berufliche, sondern auch religiöse Wurzeln, die heute noch spürbar sind. Die Teilnahme an der Messe vor dem Andreas-Bott als Danksagung und Gesinnung an Gott und die Schutzpatrone für das ehrbare Handwerk hat nach wie vor Geltung. Die Zunft hat die Bruderschaft St. Josef und Eligius gegründet, benannt nach den Patronen der Zimmerleute und der Goldschmiede. Die Bruderschaft umfasst(e) nicht nur sämtliche Mitglieder der Zunft, sondern auch weitere Personen beiderlei Geschlechts konnten und können der Bruderschaft angehören. Zunft und Bruderschaft sind somit eng miteinander verbundene Organisationen. Die Bruderschaft sorgt noch heute für eine würdige Bestattung ihrer Mitglieder mit Kreuz- und Kerzenträger. Die Zunftmitglieder sind verpflichtet, an der Beerdigung der Zunftgenossen und ihrer Ehefrauen teilzunehmen.

Die Schreiner- und Hammerzunft ist heute eine Vereinigung von Handwerkern und Handwerksmeistern. Die Pflege der Freundschaft sowie der geschäftlichen Beziehungen unter ihren Mitgliedern nehmen einen wichtigen Teil des Zunftlebens ein.

Die Zunft wird von einem Zunftmeister geleitet, der auch die Zunftkasse verwaltet. Der Bruderschaftsvogt ist der Stellvertreter des Zunftmeisters; er ist zuständig für die Bruderschaftskasse. Der Ladmeister überwacht die Vorschriften und bietet die Mitglieder zu Versammlungen und Beerdigungen auf. Der Zunftschreiber ist zuständig für die Protokolle und den Schriftverkehr.

Seit 1985 muss ein neues Mitglied folgende Voraussetzungen erfüllen: Es muss männlichen Geschlechts sein, in der Gemeinde Schwyz wohnen, gut beleumdet sein, über einen Meistertitel verfügen oder der Sohn eines Meisters sein und selbstständig, als Mitmeister oder Gesellschafter ein Handwerk betreiben, das nicht in eine andere Zunft gehört. Die Aufnahme setzt einen einstimmigen Beschluss der bisherigen Mitglieder voraus. Die Zunft umfasst rund 30 Mitglieder.

Die Zunftmitglieder treffen sich zweimal jährlich, und zwar am Sonntag an der alten Fasnacht und am Sonntag vor St. Andreas (30. November) im Gasthaus «Wysses Rössli» in Schwyz, das auch über eine Zunftstube verfügt, zu einem Bott mit einem gemeinsamen Mittagessen. Zudem wird in einem regelmässigen Turnus ein Ausflug durchgeführt. Die Zunft nimmt jeweils auch an der Fronleichnamsprozession teil.

Zug

Die Zünfte der Stadt Zug waren nie so politisch bedeutsam wie in Zürich. Das kleine zugerische Staatswesen verhinderte eine politische Machtstellung der Handwerkerorganisationen.
Die Zuger Zünfte waren Handwerksvereinigungen mit vorwiegend berufsethischen, sozialpolitischen und religiösen Zielen. Im Laufe der Zeit haben sich jeweils mehrere Berufe in einer der noch bestehenden Zünfte zusammengeschlossen.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts verlagerte sich die Bedeutung der Zünfte von einer Interessengemeinschaft zum Schutze berufsständischer Anliegen mehr und mehr zu einer Vereinigung Gleichgesinnter zur Pflege von Traditionsbewusstsein, Kameradschaft und Geselligkeit.
Heute bestehen folgende Zünfte: Zunft der Schneider, Tuchscherer und Gewerbsleute, Zunft der Schreiner, Drechsler und Küfer, Zunft und Bruderschaft der Müller, Bäcker und Zuckerbäcker, Zunft der Bauleute (1866 aufgelöst, 1941 wieder errichtet) und Fischerzunft (Neugründung 1974).

Die Zunft der Schreiner, Drechsler und Küfer wurde urkundlich erstmals 1585 erwähnt, und zwar als Zunft der Tischmacher. Von 1741 an erscheint die Zunft unter dem Namen Schreinerzunft. 1769 traten die Drechsler der Zunft bei; 1811 folgten ihnen die Küfer.

Der Zunftrat besteht aus folgenden Mitgliedern: Obmann, Lade-Schryber, Schatzmeister, Zeremonienmeister und Zügmeister. Die Schreinerzunft ist die grösste Zunft von Zug. Ihre Mitgliederzahl ist auf 100 Mitmeister beschränkt. Das Wappen zeigt die Handwerkszeichen der drei Gründerberufe vereinigt: Symbole der Schreiner sind Hobel und Winkel, für die Drechsler stehen die gedrehte Kugel und der Greifzirkel, und die Küfer sind durch den Küferhammer und die Küferwerkzeuge repräsentiert.

Am «Güdel-Mändig» (Fasnachtsmontag) treffen sich die Zünfter zu einem Gedächtnisgottesdienst für die verstorbenen Mitmeister. Anschliessend wird das Hauptbott mit den statutarischen Geschäften abgehalten. Anschliessend folgt das «Schriiner-Möhli». Am Nachmittag hütet die Zunft ein altes Stück Volksgut: Angehörige der Zunft ziehen als Greth Schell und ihre Begleiter Gaben spendend durch die Stadt. Bei Greth Schell soll es sich um eine handfeste Zugerin gehandelt haben, die abends ihren weinseligen Mann in einem Korb aus der Gaststube heimtrug.

Zürich

Die Zunftverfassung von Rudolf Brun von 1336 sah die Gesellschaft zur Constaffel sowie die folgenden zwölf Zünfte vor: Saffran, Meisen, Schmiden, Weggen, Gerwe und Schuhmachern (Fusion 1877), Widder, Zimmerleuten, Schneidern, Schiffleuten, Kämbel und Waag. Seit 1867 wurden verschiedene neue Zünfte gegründet.

Die Zünfte waren die politischen Grundstrukturen der Stadt, in denen auch das Militär- und das Feuerwehrwesen geregelt wurden. Sie waren in erster Linie politische Formationen und weniger Handwerksinnungen. Mit dem Verlust der politischen Vorrechte fanden die Zünfte mit dem Sechseläuten-Umzug eine neue Daseinsberechtigung. Das Sechseläuten-Fest wuchs aus drei verschiedenen Bräuchen heraus: Seit Jahrhunderten heisst die Frühlingsfeier der Zünfte «Sechseläuten», weil nach dem Winterhalbjahr, in welchem wegen der frühen Dämmerung lediglich bis 5 Uhr abends gearbeitet wurde, die Feierabendglocke am Grossmünster mit dem Frühlingsbeginn den Arbeitsschluss neu um 6 Uhr abends verkündete. Im 19. Jahrhundert wurden die ersten öffentlichen Umzüge der Zünfter und der Kinder durchgeführt. Schliesslich wurde seit 1892 mit dem Verbrennen des Schneemanns Böögg ein ursprünglich heidnischer Frühlings-Feuerbrauch neu belebt, der nach jahrhundertelanger Tradition in Vergessenheit zu geraten begann.

Heute ist die Zunft zur Zimmerleuten ein Verein mit über 130 Mitgliedern, die zürcherische überlieferungen hochhalten und freundschaftliche Geselligkeit pflegen. Sie hat ein 650 Jahre altes Zunfthaus mit einem international bekannten Restaurant, das als historisches Wahrzeichen zu unterhalten sich die Zunft zur Aufgabe gemacht hat.

Das Zunfthaus trägt den Hausnamen zum «Roten Adler»; einen solchen führt die Zunft auch in ihrem Wappen.

Die Vorsteherschaft besteht u.a. aus dem Zunftmeister, dem Zunftpfleger, der für die Finanzen zuständig ist, dem Zunftschreiber, dem Stubenmeister, dem Zugchef und dem Zeugwart (Verantwortliche für die Aufstellung der Zunft am Sechseläuten-Umzug und für Kostüme und Requisiten) sowie mehreren Vorgesetzten.

As Zünfter aufgenommen werden können nur männliche Personen, die nicht bereits einer Zunft angehören. Grundsätzlich müssen sie über das Zürcher Bürgerrecht verfügen. Es dürfen aber auch Schweizer Bürger aufgenommen werden, die nicht über das Zürcher Bürgerrecht verfügen; ihre Zahl darf indessen ein Viertel aller Mitglieder nicht übersteigen. Als Zünfter aufgenommen werden vor allem solche Personen, die über familiäre Beziehungen zu Zunftbrüdern verfügen.

An einem Montag vor dem Sechseläuten treffen sich die Zünfter zum so genannten Rechenmahl. Es ist die traditionelle Frühjahrsversammlung, deren wichtigstes Traktandum die Abnahme der Jahresrechnung ist. Das Sechseläuten ist der wichtigste Anlass des Zunftjahres. Dieses findet grundsätzlich am dritten Montag im April statt; fällt der Termin auf die Woche vor oder nach Ostern, wird es auf einen anderen Montag verschoben. Am Nachmittag findet der Umzug durch die Strassen von Zürich statt.
Am Abend machen mit Laternen versehene Zunftdelegationen auf den verschiedenen Zunftstuben ihre Aufwartung und werden dort vom Zunftmeister und den so genannten Stubenhockern empfangen. Im Herbst treffen sich die Zünfter zum Martinimahl, an dem ebenfalls statutarische Geschäfte behandelt werden. Jährlich finden zudem ein Ausflug zu einer schönen und bedeutsamen örtlichkeit sowie kleinere Anlässe statt.

Hans Georg Nussbaum

Dank:

Ich danke folgenden Personen für ihre hilfreichen Ausführungen bzw. für die Zustellung von Unterlagen:
Herrn Franz Bossart, Zunfthistoriker, Zunft zu Safran, Luzern;
Herrn Martin Cron, Zunftmeister E.E. Zunft zu Spinnwettern, Basel;
Herrn Gerold Gasser, Zunftmeister der Schreiner- und Hammerzunft, Schwyz;
Herrn Dr. Christian Raschle, Lade-Schryber, Zunft der Schreiner, Drechsler und Küfer der Stadt Zug, Zug;
Herrn Peter Ryser, Zunftmeister der Zunft am Stadtbach, Aarau;
Herrn alt Ständerat Bernhard Seiler, Obmann der Schaffhauser Zünfte und Gesellschaften, Thayngen;
Herrn René Steinle, Zunftmeister der Zunft zum Stab, Liestal.

Literatur:

Barth, Ulrich,   Zünftiges Basel, 2. Aufl., Basel 1997.
Bihrer, Rudolf / Poltéra, Reto,   Zürich Zünfte einst und jetzt, Zum Jubiläum ihres 10jährigen Bestehens herausgegeben von der Zunft Witikon Zürich, Zürich 1990.
Gesellschaft zu Zimmerleuten in Bern,   Bern 2000.
Harzenmoser, Martin / Harzenmoser, Thomas,   Zünfte und Gesellschaften der Stadt Schaffhausen, Schaffhausen 1995.
Horat, Erwin,   250 Jahre Schreiner- und Hammerzunft Schwyz, Schwyzer Hefte, Band 79, Schwyz 2001.
Koch, Hans,   Von den Zünften der Stadt Zug, Separatabzug aus: Das Zuger Zunftwesen und die Zunft der Schneider, Tuchscherer und Gewerbsleute der Stadt Zug, Zug 1947.
Meier, Eugen A.,   750 Jahre E.E. Zunft zu Spinnwettern, Geschichte und Gegenwart der traditionsreichen Innung der Basler Bauleute, Basel 1998.
Meyer, Helmut,   Zimmerleuten – Eine kleine Zunftgeschichte, Zürich 1991.
Raschle, Christian,   Die Zunft der Schreiner, Drechsler und Küfer der Stadt Zug 1585–1985, Zug 1985.
Speck, Carl,   Zuger Zünfte damals – heute, Zug 1981.
Winkler, Heinrich,   Das Zunftwesen im Wandel, Betrachtungen über Perspektiven des schweizerischen Zunftwesens im dritten Jahrtausend, Basel 2001, mit je einem Beitrag von Stettler, Emanuel, Bern – keine Zunftstadt, aber trotzdem zünftig, und von Wyss, Pit, Die Zürcher Zünfte im Verlaufe der Stadtgeschichte.