Geschichte
Die Stadt Bern wurde im Jahre 1191 gegründet und in den Jahren 1250 und 1340 erweitert. Da die Stadt ursprünglich in Holz erbaut wurde, ist anzunehmen, dass die Holzhandwerker seit der Gründung in grosser Zahl in der Stadt vertreten waren.
Zünfte entstanden im Hoch- und Spätmittelalter als genossenschaftsähnliche Gebilde, die das Gewerbe organisierten. Sie bestimmten, wer in der Stadt ein Gewerbe ausüben durfte und teilten bei grossen Vorhaben die Auftragslose zu. Sie regelten die Ausbildung, bestimmten Löhne, Preise und Verfahren. Sie entwickelten sich auch zu Solidargemeinschaften, die als Vorläufer heutiger Sozialversicherungen angesehen werden können. Sie waren in der Lage, ihren Angehörigen und deren Familien in Notlagen wie Krankheit, Unfall oder Tod beizustehen und sie zu unterstützen.
Nebst der Organisation ihrer Gewerbe nahmen Zünfte vielfältige öffentliche Aufgaben wahr. Da kaum öffentliche Institutionen bestanden, waren Zünfte für vieles zuständig, was heute durch städtische Behörden und Institutionen wahrgenommen wird, wie beispielsweise Brand- und Nachtwachen. Die vier Vennergesellschaften (Metzgern, Gerbern, Pfistern und Schmieden) standen sogar einem ganzen Stadtviertel vor. Sie waren unter anderem verantwortlich für die Wehrpflichtigen und ihre Ausrüstung sowie von den Einwohnern zu leistende Fron- und Fuhrdienste beim Unterhalt kommunaler Bauten.
Die Gesellschaft zu Zimmerleuten umfasste fünf hölzerne Handwerksberufe: die vier im Wappen der Gesellschaft dargestellten – Zimmermann, Wagner, Küfer und Tischler (Schreiner) – sowie die im Wappen nicht vertretenen Dachnagler.
Wann sich die Holzhandwerker in Bern zu einer Zunft zusammenschlossen, ist nicht bekannt. Die erste urkundliche Erwähnung organisierter Holzhandwerker in Bern geht auf das Jahr 1314 zurück. Damals beklagten sich die Küfer beim Rat der Stadt, dass die Gerber das Wasser verunreinigt hätten.
Im Lauf der Jahrhunderte veränderten sich Stellung und Aufgaben der Zünfte stark. 1536 übertrug die bernische Gerichtssatzung den Zünften das Vormundschaftswesen. Mit der Bettelordnung von 1676, die der Beheimatung verarmter Leute diente, wurde zusätzlich das Fürsorgewesen den Zünften übertragen. Andererseits wurden ihnen Aufgaben entzogen und an staatliche oder städtische Einrichtungen übertragen. Mit der Aufhebung des Zunftzwangs verloren sie schliesslich auch die regulatorische Zuständigkeit für ihre Gewerbe.
Im Zug der französischen Revolution und der Errichtung der modernen Staaten verschwanden die Zünfte in vielen europäischen Städten vollständig. In einigen Städten blieben sie als private Vereinigungen bestehen und pflegten ihre Traditionen weiter, teils bis heute. Anders in Bern. Hier nehmen die Gesellschaften und Zünfte bis zum heutigen Tag öffentliche Aufgaben in der Sozialhilfe und im Vormundschaftswesen wahr und kommen dafür aus ihren eigenen Mitteln auf. Nach wie vor steht der Gedanke der Solidargemeinschaft im Vordergrund, welche die Einzelnen stützt, die in Not geraten oder sonst bedürftig sind.
Weiterführende Beiträge zur Zunftgeschichte finden sich in der Rubrik «Geschichte und Geschichten». Dort wird auch auf bedeutende Persönlichkeiten eingegangen, die der Zunft angehörten, ebenso auf das Zunftwesen im Allgemeinen und auf Holzwirtschaft und Holzberufe.