1854 kauften Burgergemeinde und Zünfte für insgesamt eine halbe Million Franken Aktien der Schweizerischen Zentralbahn. Wie kam es, dass die Burgerschaft diesen für damalige Verhältnisse riesigen Betrag investierte?
Als die Centralbahn daran war, die Strecke von Zürich nach Bern zu bauen, geriet sie in finanzielle Turbulenzen, was die Fertigstellung der Linie gefährdete. Sie bat deshalb den Kanton Bern um einen Betrag von vier Millionen Franken, für den sie Aktien ausgeben würde. Da der Kanton die Kosten nicht allein tragen wollte, forderte er die Gemeinden entlang der Linie auf, sich daran zu beteiligen.
Nachdem die Einwohnergemeinde Bern für eine halbe Million Aktien kaufte, beschloss auch die Burgergemeinde, sich mit 200 000 Franken zu engagieren. Weitere 300 000 Franken kamen von den Zünften, davon 15 000 Franken von Zimmerleuten. Weshalb der Betrag so niedrig ausfiel, lässt sich leider nicht rekonstruieren. Jedenfalls war es ein sehr gutes Geschäft, konnte Zimmerleuten doch die Aktien später mit viel Gewinn verkaufen.
Für Zimmerleuten war der Kauf von Eisenbahnaktien eine eher untypische Investition. Im 19. Jahrhundert bestand praktisch das ganze Vermögen der Gesellschaft aus Wertschriften; Immobilien spielten keine Rolle. Innerhalb der Wertschriften gab es drei grössere Bereiche: Darlehen an Privatpersonen, Obligationen öffentlicher Körperschaften (Stadt, Kanton, Eidgenossenschaft) und von Privatunternehmen. Auch bei den Privatunternehmen war die Verteilung sehr einseitig: Zimmerleuten kaufte vor allem Kassenscheine von Banken, vorzugsweise von solchen aus dem Kanton Bern (Kantonalbank, Hypothekarkasse, Bodenkreditanstalt, Deposito-Cassa).
Dass die Gesellschaft in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch weitere Eisenbahnaktien kaufte, dürfte damit zu tun haben, dass sie im Verhältnis zu andern Anlagen recht gut rentierten, und dass die Bahnen so wichtig waren, dass sie der Staat im Notfall retten würde – eine Art «too big to fail»-Garantie. Zimmerleuten hat damit (wenn auch in recht bescheidenem Rahmen) zur Modernisierung des Kantons Bern mitgetragen.
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